Was macht Früchte und Gemüse Bio?
Grundlagen des ökologischen Pflanzenbaus
Auf dieser Seite erklären wir die Grundlagen des ökologischen Pflanzenbaus
Bio-Bäuer*innen bewirtschaften ihre Äcker, Weiden und Obstanlagen in vieler Hinsicht anders als ihre konventionellen Kolleg*innen. Das gilt auch für Bio-Apfelbauer Peter Rolker im Alten Land bei Hamburg. Er nutzt Prozesse, die ohnehin in der Natur stattfinden, und regt diese gezielt an. Deshalb setzt er auf Insekten zur Bestäubung und auf ökologische Dünge- und Pflanzenschutzmittel. Statt wild wachsende Pflanzen zu vernichten, reguliert er das Wachsen dieser Beikräuter sanft. Auf seinem Hof verwendet er ausschließlich ökologisch vermehrte Samen und Setzlinge und setzt auf unterschiedliche vorbeugende Maßnahmen.
Ökologischer Pflanzenbau – Hier finden Sie folgende Themen:
Zu all diesen Aspekten gibt es gesetzliche Vorgaben (festgeschrieben in der EU-Verordnung Nr. 2018/848), an die sich alle Bio-Landwirt*innen halten müssen. Zusätzlich gibt es in Deutschland verschiedene Bio-Verbände – bspw. Bioland, Demeter oder Naturland –, zu denen sich Bio-Landwirt*innen zusammengeschlossen haben. Diese arbeiten stets nach der EU-Öko-Verordnung, haben sich jedoch auf zusätzliche Standards geeinigt, die über die Vorgaben der EU hinausgehen. Sowohl die EU-weit geltenden Gesetze als auch die Vorgaben der Verbände werden regelmäßig von unabhängigen Kontrollstellen überprüft. Information zur Einhaltung und Kontrolle der Bio-Richtlinien finden sie hier. Diese Richtlinien werden regelmäßig angepasst, wodurch immer wieder neue Erkenntnisse integriert werden und auf Forderungen (z.B. von Natur-, Verbraucher- und Tierschutzverbänden) und gesellschaftliche Entwicklungen reagiert wird.
Peter Rolker
Der Bio-Apfelbauer aus dem Alten Land erklärt, was biologische Landwirtschaft ausmacht.
Bio-Apfelbauer Peter Rolker erklärt, worauf er beim Anbau seiner Bio-Äpfel achtet und welche Richtlinien er befolgt.
Wo Bio draufsteht, ist auch Bio drin
Was bedeutet Bio im Pflanzenbau?
Ökologische Landwirtschaft hat den Anspruch einer Kreislaufwirtschaft: Rohstoffe sollen stets bestmöglich (wieder) verwertet werden. Idealerweise bedeutet das, dass Landwirt*innen das Futter für ihre Tiere selbst anbauen und wiederum den Tierdung nutzen, um Nährstoffe in den Boden einzubringen. Wenn der Bedarf der Düngung sehr hoch ist, dürfen Mist oder Gülle im begrenzten Umfang dazu gekauft werden – im Wesentlichen von anderen Bio-Höfen. Die Idee des innerhalb des Hofs geschlossenen Kreislaufs (sog. „Betriebskreislauf“) orientiert sich an natürlichen Ökosystemen, die auf diese Weise funktionieren. Durch den Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel ist es im Ökolandbau besonders wichtig, robuste Sorten anzubauen, die dem jeweiligen Standort angepasst sind. Zudem setzen Bio-Bäuer*innen auf den gleichzeitigen Anbau einer großen Bandbreite an Sorten und Arten, um Schäden und Ernteausfälle zu minimieren.
Für ein gesundes Gleichgewicht:
Auf vorbeugende Maßnahmen setzen
Der ökologische Landbau will der Beschädigungen von Pflanzen (durch Krankheiten, Pilze, Insekten, Nagetiere oder das Wetter) vorbeugen, indem ein gesundes Gleichgewicht im Ökosystem angepeilt wird. Das betrifft bereits die Auswahl von an den Standort angepassten Pflanzenarten und Sorten und Maßnahmen der Bodenbearbeitung. Zudem setzen Bio-Bäuer*innen auf den Anbau einer vielfältigen Abfolge unterschiedlicher Pflanzenarten, die sich hinsichtlich ihres Nährstoffbedarfs ergänzen, und ökologische Düngung. All diese Entscheidungen und Vorgehensweisen zielen darauf ab, dass die Pflanzen möglichst gesund und widerstandsfähig sind. Denn häufig kann Krankheiten und Schädlingsbefall mit entsprechenden Anbaumaßnahmen vorgebeugt, diese verhindert oder zumindest verringert werden.
Mal Hafer, mal Kartoffeln, mal Salat – vielfältige Fruchtfolgen
Bei Monokulturen wird auf einem Feld immer wieder die gleiche Pflanzenart angebaut. Im Gegensatz hierzu basiert das Wirtschaften mit Fruchtfolgen auf dem Anbau von unterschiedlichen „(Feld-)Früchten“ (bspw. Kartoffeln, Hafer, Möhren oder Salat) im Wechsel. Je nach Funktion der Pflanzen, unterscheidet man zwischen Hauptfrüchten und Zwischenfrüchten. Hauptfrüchte werden üblicherweise zum Verkauf angebaut, Zwischenfrüchte entweder an die Tiere verfüttert oder als sog. Grün-Düngung in den Boden eingearbeitet.
Im Ökolandbau werden bspw. Getreide, Hülsenfrüchte, Kartoffeln oder Gemüse als Hauptfrucht angebaut. Davor oder danach werden andere Pflanzen als Zwischenfrüchte gesät, die den Boden beleben, lockern und verbessern und wichtige Nährstoffe wie Stickstoff speichern. Als Zwischenfrüchte wird bspw. eine Mischung aus Klee und Gräsern oder Buchweizen angebaut.
Fruchtfolgen gibt es nicht nur in der ökologischen Landwirtschaft, auch auf konventionellen Äckern sind sie üblich. In der konventionellen Landwirtschaft wechseln sich jedoch in der Regel nur 2 bis 4 Hauptfrüchte ab, wovon häufig eine flächenmäßig dominiert. Auf Bio-Höfen hingegen wechseln sich üblicherweise 6 bis 10 Hauptfrüchte ab. Die Folge davon ist neben den Vorteilen für die Bodenfruchtbarkeit und die Pflanzen eine „buntere“ Landschaft durch mehr Biodiversität auch in der Tierwelt.
Beispiel einer Fruchtfolge im Ökolandbau
- Anbaujahr: Mischung aus Klee und Gras (Hauptfrucht)
- Anbaujahr: Winter-Dinkel (Hauptfrucht), danach abfrierender Ölrettich (Zwischenfrucht)
- Anbaujahr: Kartoffeln (Hauptfrucht), danach Phacelia (Zwischenfrucht)
- Anbaujahr: Hafer (Hauptfrucht)
- Anbaujahr: Ackerbohne (Hauptfrucht)
- Anbaujahr: Winter-Roggen (Hauptfrucht)
Zwischenfrüchte beleben, lockern und verbessern den Boden, Hauptfrüchte werden in der Regel als Lebensmittel verkauft.
Im Ökolandbau ist der Anbau von Hülsenfrüchten bzw. Leguminosen (dabei handelt es sich um Stickstoffsammler, z.B. Erbsen, Bohnen oder Kleearten) vorgeschrieben. Diese binden mit Hilfe von Knöllchenbakterien den wichtigen Pflanzennährstoff Stickstoff aus der Luft. Da im Ökolandbau synthetische Düngemittel verboten sind, ist dies die einzige Möglichkeit, Stickstoff zuzugeben. Dieser wird, wenn die Pflanzen wachsen, in ihren Körnern, Blättern, Stängeln und Wurzeln gebunden. In Form der sogenannten Erntereste verbleibt ein Teil des Stickstoffes nach der Ernte auf dem Acker. Wenn diese Pflanzen zersetzt werden, steht dieser Stickstoff den danach angebauten Pflanzen zur Verfügung.
Schutz vor Krankheiten und Schädlingen: Biologischer Pflanzenschutz
Im ökologischen Landbau steht das Vorbeugen von Krankheiten und Schädlingsbefall im Vordergrund. Fruchtfolge, Düngung, Bodenbearbeitung oder Art- und Sortenwahl sind darauf ausgerichtet, die Ausbreitung von Krankheiten und Schädlingen zu begrenzen und möglichst umweltfreundlich zu wirtschaften.
Deshalb setzten Bio-Landwirt*innen auf resistente Sorten und die Förderung von Nützlingen. Nützlinge sind natürlich vorkommende Mikroorganismen oder Tiere, die gut für die angebauten Pflanzen sind bzw. diese schützen. Dazu zählen unter anderem Insekten wie Bienen (bestäuben Blüten), Florfliegen (fressen Blattläuse) und Schlupfwespen (fressen Parasiten) sowie Greifvögel (fressen Feldmäuse). Bio-Landwirt*innen bemühen sich darum, für diese Tiere geeignete Lebensräume zu schaffen, damit sie sich auf und in der Nähe ihrer Äcker und Weiden niederlassen (z.B. durch die Anlage von Hecken und Blühstreifen). Wenn trotz dieser vorbeugenden Maßnahmen Krankheiten oder Schäden auftreten, können Ökolandwirt*innen auf eine reduzierte Auswahl von Pflanzenschutzmitteln natürlichen Ursprungs zurückgreifen. Diese müssen gemäß EU-Öko-Verordnung zugelassen sein.
Eine gute Bodenfruchtbarkeit und der Verzicht auf chemisch-synthetischen Dünger
Bodenfruchtbarkeit, also der Erhalt bzw. die Kultivierung lebendiger Böden, ist im Ökolandbau besonders wichtig, da hier nicht auf chemisch-synthetische Dünge- und Pflanzenschutzmittel zurückgegriffen werden kann. Ein gesunder, nährstoffreicher, gut strukturierter und belebter Boden ist die Grundlage für gesunde, gut ernährte und immunstarke Pflanzen. Der wichtigste Nährstoff ist Stickstoff, der „Motor“ des Pflanzenwachstums. Andere Hauptnährstoffe sind Phosphor, Kalzium, Kalium, Magnesium und Schwefel.
Grundsätzlich gibt es zwei Arten, die Böden mit Nährstoffen zu versorgen und damit die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten. Zum einen verbleiben Pflanzen (Erntereste von Hauptfrüchten oder gezielt angebaute Zwischenfrüchte) auf dem Acker – entweder als Mulch, oder in den Boden eingearbeitet. Bei Mulch handelt es sich um organisches Material, das noch nicht verrottet ist – beispielsweise gemähtes Gras. Wenn dieses auf der Fläche liegen gelassen wird, können die Bodenlebewesen Nährstoffe daraus aufnehmen. Zum anderen werden Düngemittel (Öko-Dung aus dem Stall oder zugelassene Düngemittel wie Gesteinsmehle) ausgebracht und eingearbeitet.
Grundsätzlich verboten sind chemisch-synthetische Stickstoffdünger, Chilesalpeter und wasserlösliche Mineraldünger. Solche Dünger verbrauchen bei der Herstellung teilweise viel Energie und können Trinkwasser und fließende Gewässer belasten.
Peter Rolker erklärt: „Ich mache bio weil…“
„…bio immer wieder spannend [ist]. Bio stellt immer wieder neue Herausforderungen und ist niemals langweilig.“
Unkraut im Ökolandbau? Die Regulierung von Beikräutern
„Unkraut“ wird im Ökolandbau als Beikraut bezeichnet. Dabei handelt es sich um Pflanzen, die die Gefahr bergen, mit den gezielt angebauten Pflanzen (sog. Kulturpflanzen) um Wasser, Nährstoffe und Licht zu konkurrieren. Ökobäuer*innen setzen primär auf Vorsorge, Ausbalancieren und ein frühzeitiges Verhindern einer übermäßigen Ausbreitung der Beikräuter. Sind sie doch vorhanden, werden sie gezielt entfernt, statt flächendeckend bekämpft. Dies geschieht in der Regel mechanisch, beispielsweise durch Hacken oder Striegeln. Dabei werden die Beikräuter verschüttet oder sie vertrocknen auf der Erde. Selten werden Abflammgeräte eingesetzt. Beikräuter zu tolerieren dient auch der Förderung von Biodiversität: einerseits der wild wachsenden Pflanzen und andererseits der Tiere, die hier Lebensraum und Nahrung finden.
Es werden im ökologischen Landbau vor allem Sorten gewählt, die möglichst viele Resistenzen gegen Krankheiten oder Schadorganismen mitbringen. Äpfel der robusten und widerstandsfähigen Bäume besitzen oft ein festeres Fruchtfleisch. Die Früchte enthalten weniger Wasser und schmecken dadurch intensiver. Zudem sind sie häufig länger lagerfähig. Auch gibt es Zusammenhänge über umfassendere Ernährungsphysiologie (i.B. auf Fruchtsäure, Fruktoseanteile und weitere allergie-sensitive Bestandteile), die bei robusten Apfelsorten ein günstigeres Profil aufweisen.
Das sagen Wissenschaftler*innen
Prof. Dr. Maria Finckh
Maria Finckh ist Professorin für ökologischen Pflanzenschutz an der Universität Kassel und forscht dort u.a. zu vorbeugend wirkenden Maßnahmen zur Förderung und Erhaltung der Pflanzengesundheit.
In diesem Expert*innen-Interview beantwortet Finckh Fragen zu Bio-Früchten und -Gemüse, den Potentialen und Qualitäten von Bio, der Zukunft von Bio auf dem Lebensmittelmarkt sowie den Gründen der Preisunterschiede zu konventionellen Lebensmitteln.
Rundgang über den Bio-Apfelhof
Woher kommen die Pflanzen im ökologischen Landbau? Ökologisch vermehrtes Pflanz- und Saatgut und Züchtung ökologischer Sorten
Die Verwendung von Saat- und Pflanzgut ist in der EU-Öko-Verordnung klar geregelt: Bio-Landwirt*innen müssen Pflanzensamen und Setzlinge nutzen, die ökologisch vermehrt wurden. Ausnahmen gibt es nur, wenn diese nicht verfügbar sind. Dies gilt nicht nur für Bio-Obst, -Gemüse oder -Getreide, sondern auch für die Zwischenfrüchte, die auf diesen Flächen angebaut werden. Ökologisch vermehrt bedeutet, dass Saat- oder Pflanzgut von Pflanzen stammen muss, die seit mindestens einer Generation nach ökologischen Vorgaben angebaut wurden. Bei Pflanzen mit einer langen Lebensdauer (Obstbäume oder Weinreben) müssen die Elternpflanzen sogar über zwei Wachstumsperioden ökologisch bewirtschaftet worden sein.
Die Nutzung ökologisch vermehrten Pflanz- und Saatguts ist jedoch nicht zu verwechseln mit dem Anbau eigens gezüchteter ökologischer Sorten. Im Ökolandbau werden in der Regel noch Sorten genutzt, die auch in der konventionellen Landwirtschaft zum Einsatz kommen.
Die Zucht ökologischer Sorten ist teuer, zeitaufwendig und steht noch am Anfang, deshalb stehen bisher nur wenige ökologische Sorten zur Verfügung. Diejenigen, die verfügbar sind, werden dann auch genutzt. Ziel ökologischer Züchtung sind widerstandsfähige, robuste und nährstoffeffiziente Sorten. Zudem liegt ein Fokus auf lokal angepassten Sorten und der Rückkehr zu einer größeren genetischen Vielfalt. Dies führt auch zu mehr Widerstandsfähigkeit gegenüber Umweltkrisen (z.B. Toleranz gegenüber Trockenheit). Ein weiteres wichtiges Ziel sind samenfeste Sorten, bei bei denen sich das Saatgut immer wieder aus sich selbst heraus vermehren lässt: so wie früher, als die Bäuer*innen einen Teil des geernteten Korns zurückhielten, um es im nächsten Jahr wieder auszusäen. Das ist bei dem derzeit in der Landwirtschaft geläufigen Saatgut, sogenanntem Hybridsaatgut, nicht möglich. Generell gilt im Ökolandbau: Es darf nicht mit gentechnischen Verfahren gearbeitet werden.