Was macht Bio nachhaltig?

Ökologische Auswirkungen der Bio-Landwirtschaft

Auf dieser Seite erfahren Sie mehr über den Zusammenhang zwischen ökologischer Landwirtschaft und Nachhaltigkeit.

Auch Bio-Äpfel müssen vom Baum in die Verpackung (z.B. als Saft in die Flasche) und vom Hof bis zu Ihnen gelangen. Bei allen Schritten versuchen Bio-Erzeuger, -Verarbeiter und -Händler möglichst nachhaltig zu handeln. Für den Bio-Apfelbauer Peter Rolker gehört dazu das Wissen um das Miteinander von Pflanzen, Tieren und Erdreich. Seine Sorge um die Biodiversität leitet das sanfte Eingreifen, das Biolandwirtschaft auszeichnet. Zum nachhaltigen Handeln gehört auch die Berücksichtigung von Klimabilanzen: die Organisation kurzer Transportwege und das Eindämmen des Energieverbrauchs. Gleichzeitig wird auch das soziale Miteinander einbezogen: nachhaltige, biologische Landwirtschaft bedenkt auch die Bedürfnisse nachfolgender Generationen.

Peter Rolker

Der Bio-Apfelbauer aus dem Alten Land bei Hamburg erklärt, wie er in seiner Arbeit auf den Erhalt eines natürlichen Gleichgewichts achtet.

Bio-Apfelbauer Peter Rolker erklärt, wieso ökologische Landwirtschaft gut für die Artenvielfalt auf seinem Hof ist und wie er als Bio-Landwirt in besonderem Maße auf das Miteinander mit diesen Pflanzen und Tieren angewiesen ist.

 

Was heißt eigentlich „nachhaltig“?

Nachhaltigkeit ist ein Konzept, das ursprünglich aus den Forstwissenschaften stammt und auf dem Prinzip beruht, nicht mehr Bäume zu fällen, als jeweils nachwachsen können. Im Kontext der Umweltbewegung und der Diskussionen rund um ressourcenschonende sowie faire Wirtschaftsweisen hat die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen 1987 erstmals Leitlinien für eine nachhaltige Entwicklung definiert.

Eine nachhaltige Entwicklung zeichnet sich dadurch aus, dass sie die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne die Chancen künftiger Generationen zu beeinträchtigen.

Neben dieser „Enkelgerechtigkeit“, die intergenerational angelegt ist, spielt für das Nachhaltigkeitsbemühen auch eine intragenerative Gerechtigkeit eine Rolle: im Befriedigen unserer eigenen Bedürfnisse sollen die Lebensmöglichkeiten Menschen anderer Schichten und anderer Gesellschaften – maßgeblich im globalen Süden – in unserem Handeln mitbedacht werden.

Nachhaltigkeit berücksichtigt dabei immer die drei Dimensionen Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft.

Peter Rolker erklärt: „Ich mache Bio weil…“

„…Bio immer wieder spannend [ist]. Bio stellt immer wieder neue Herausforderungen und ist niemals langweilig.“

Was macht eine nachhaltige Ernährung aus?

Zur Umsetzung nachhaltiger Entwicklung haben sich die Vereinten Nationen im Jahr 2015 auf 17 Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals oder kurz SDG) festgelegt. Diese betreffen auch Fragen der Ernährung:

Da unsere Ernährung viele unterschiedliche Lebens- und Arbeitsbereiche betrifft, ist sie zentral für das Erreichen fast aller Nachhaltigkeitsziele.

Die Vereinten Nationen verstehen unter nachhaltigen Ernährungsweisen solche, die geringe Auswirkungen auf die Umwelt haben, zur Lebensmittel- und Ernährungssicherung beitragen und heutigen und zukünftigen Generationen ein gesundes Leben ermöglichen. Sie schützen und respektieren die biologische Vielfalt und die Ökosysteme, sie sind kulturell angepasst, verfügbar, ökonomisch gerecht und bezahlbar, ernährungsphysiologisch angemessen, sicher und gesund, und verbessern gleichzeitig die natürlichen und menschlichen Lebensgrundlagen.

Was hat Nachhaltigkeit mit ökologischer Landwirtschaft zu tun?

In der Forschung zu Nachhaltigkeit existieren unterschiedliche Disziplinen und Modelle, die die Folgen menschlichen Handelns und Wirtschaftens für unseren Planeten untersuchen. Forscher*innen untersuchen beispielsweise den Zusammenhang zwischen Umwelt- und Gesundheitsschäden, den sie mit dem Konzept der ökologischen Belastungsgrenzen der Erde beschreiben. Werden diese ökologischen Grenzen überschritten, ist die Stabilität des Ökosystems und die Lebensgrundlage der Menschheit gefährdet.

Studien zeigen die ökologischen Folgen unseres modernen Ernährungssystems: Vier von neun planetaren Grenzen sind durch den Einfluss menschlichen Handelns bereits überschritten, sodass wir hier die sicheren Bereiche verlassen haben. Diese Grenzen betreffen Abholzung und andere Arten der Landnutzung, Artensterben und Ökosysteme, den Einfluss von Phosphor und Stickstoff auf biogeochemische Kreisläufe sowie die Klimakrise.

Weitere Ausführungen zum Zusammenhang von Ernährung und den Belastungsgrenzen finden Sie unter: 

Durch die vielschichtigen und komplexen (ökologischen) Folgen unseres Handelns ist eine absolut nachhaltige Ernährung schwierig. Nicht immer kann alles auf einmal erfüllt werden. Ökologische Landwirtschaft setzt vor allem dort an, wo ein hohes Risiko besteht, die Grenzen unseres Planeten bereits überschritten zu haben. Im Ökolandbau steht das ökologische Gleichgewicht im Vordergrund. Es ist notwendig, um nach biologischen Kriterien arbeiten zu können. In der Praxis gibt es viele Überschneidungen mit anderen schonenden Landwirtschaftsverfahren (sog. extensive Landwirtschaft) Diese arbeiten nah an ökologischen Verfahren. Die ökologische Landwirtschaft zeichnet sich zusätzlich dadurch aus, dass die Höfe und andere Verarbeitungsstätten nach gesetzlich festgelegten Bio-Richtlinien arbeiten. Damit wird ein hoher Verbraucher*innen- und Naturschutzstandard in einem gesetzlichen Rahmen sichergestellt.

Infobox: Was macht Bio nachhaltig?

Bio steht für Biodiversität.

Auf Bio-Äckern wachsen mehr Pflanzenarten als auf konventionellen. Auch bei Feldvögeln und Insekten gibt es eine höhere Artenvielfalt.

Bio steht für Gewässerschutz

Da im Ökolandbau keine chemisch-synthetischen Pflanzenschutz- und Düngemittel eingesetzt werden dürfen, besteht daraus auch kein Gefährdungspotenzial für Grund- und Oberflächengewässer. 

Bio steht für Bodenfruchtbarkeit.

Vielfältigere Fruchtfolgen, organische Düngung und der vermehrte Anbau von Zwischenfrüchten sind gut für die Fruchtbarkeit der Böden. Daher leben dort mehr mikrobielle Organismen und Regenwürmern.

Bio steht für einen sparsamen Energieverbrauch.

Vor allem durch den Verzicht auf chemisch-synthetische Stickstoffdünger spart der Ökolandbau im Vergleich zu konventioneller Landwirtschaft Energie, da deren Herstellung sehr energieintensiv ist.

Bio steht für Klimaanpassung.

Ökolandbau wirkt sich positiv auf die Böden aus. Sie können höhere Mengen an Wasser aufnehmen als konventionell bewirtschaftete Flächen und tragen so zum Hochwasserschutz und zur Vermeidung von Erosionen bei.

Bio steht für Klimaschutz?

Ein ökologisch bewirtschaftetes Feld stößt weniger Treibhausgas aus als ein konventionelles. Bezogen auf ein einzelnes Produkt weisen Ökobetriebe jedoch keine Vorteile auf, was dadurch zu erklären ist, dass Ökolandwirt*innen ihre Erträge nicht ins Maximum treiben.*

*Diese niedrigeren Erträge könnten jedoch dadurch kompensiert werden, dass weniger Lebensmittel weggeworfen und Tierhaltung bzw. der Fleischkonsum reduziert wird.

Die Informationen stammen aus einer Studie von Sanders und Heß (2019), in der die gesellschaftlichen Leistungen des ökologischen Landbaus in temperierten Klimazonen bewertet und mit dem konventionellen Anbau verglichen wurden. Insgesamt wurden dabei über 500 Vergleichsstudien mit knapp 3000 Einzelvergleichen ausgewertet.

Bio und Plastik – passt das zusammen?

Besonders in Supermärkten und Discountern fällt auf, dass Bio-Produkte zunehmend weniger, aber teilweise immer noch in Kunststoff verpackt sind. Dass ausgerechnet ökologische Lebensmittel auf diese Weise verpackt zu finden sind, hat verschiedene Gründe:

Vermeidung von Verwechslungen

bietet ein Supermarkt sowohl konven­tionelle als auch biologische Ware an, muss es für Kunden*innen sowie Kassierer*innen eindeutig erkennbar sein, ob die Gurke nun Bio ist oder nicht

Kontamination

die Verpackungen sollen verhindern, dass Bio-Lebensmittel mit Pflanzenschutz- oder Pestizid-Rückständen von konventionellen Produkten in Berührung kommen

Verpackung

Die Verpackung bietet Schutz beim Transport, wodurch weniger Lebensmittel beschädigt werden und entsorgt werden müssen

 

Die EU-Rechtsvorschriften zum Ökolandbau schreiben bisher noch keine besonderen Anforderungen an die Verpackung von Bio-Produkten vor. Viele Öko-Anbauverbände haben in ihren Richtlinien allerdings Vorgaben und Anforderungen an die Verpackung formuliert. So sind schwer chlorhaltige Materialien oder abbaubare Kunststoffe wie PVC verboten und Aluminium nur in Ausnahmefällen erlaubt. Zunehmend mehr Händler bieten ihre Bio-Lebensmittel entweder lose an, wählen „nur“ kleine Banderolen oder verpacken mit nachhaltigen Materialien. 

Weitere Infos unter

Zurück zum Apfel – Wie Bio-Äpfel angebaut werden

In Deutschland werden rund 18% der Äpfel biologisch angebaut. Dabei werden vor allem Sorten mit geringer Krankheitsanfälligkeit genutzt, da im BIO-Anbau keine chemischen Pflanzenschutzmittel angewendet werden dürfen. 

Es werden im ökologischen Landbau vor allem Sorten gewählt, die möglichst resistent gegen Krankheiten oder Schadorganismen sind. Äpfel der robusten und widerstandsfähigen Bäume besitzen oft ein festeres Fruchtfleisch. Die Früchte enthalten weniger Wasser und schmecken dadurch intensiver. Zudem sind sie häufig länger lagerfähig.

Infobox: Anforderungen für Bio-Streuobst:

Saatgut für Grünlandflächen und Jungbäume für Nachpflanzungen müssen nach ökologischen Prinzipien vermehrt worden sein.

Verboten sind chemisch-synthetische und leichtwasserlösliche Dünger, wie z.B. mineralischer Stickstoff.

Erlaubt sind Wirtschaftsdünger (organische Substanzen, die in der Landwirtschaft anfallen wie bspw. Mist) aus ökologischer Tierhaltung.

Verboten sind chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel.

Die Anlieferung des Bio-Streuobstes muss bei der Kelterei getrennt erfolgen und es muss strikt separat von konventionellem Streuobst gelagert werden. Dasselbe gilt für die Verarbeitung des Bio-Streuobstes.

Warum gibt es Bio-Äpfel aus Neuseeland?

Auch im Ökolandbau kann es zu weiten Transportwegen kommen. Machen in diesem Fall die Treibhausgase, die beim Transport um den Globus ausgestoßen werden, den kompletten Umweltnutzen des Ökolandbaus zunichte? Und ist regional dann immer besser?

So leicht ist die Frage nicht zu beantworten. Um die Umweltauswirkungen eines Apfels aufzuschlüsseln, müssen neben Transportwegen auch die Erzeugung und Lagerung – also der gesamte Weg eines Produktes – mitgedacht werden.

Abhängig ist das von folgenden Kriterien: zu welcher Jahreszeit kaufe ich einen Apfel? Wie lange wurde er im Kühlhaus gelagert? Welche Reise hat er bis zum Supermarktregal hinter sich gebracht? Und: mit welchem Transportmittel trage ich den Apfel eigentlich nach Hause?

Weitere Infos zu Regionalität und Klimabilanz finden Sie unter:

 

Das sagen Wissenschaftler*innen

Andreas Gattinger

Prof. Dr. Andreas Gattinger

Andreas Gattinger ist Professor für ökologischen Landbau an der Universität Gießen und forscht dort u.a. zu nachhaltiger Bodennutzung.

In diesem Expert*innen-Interview beantwortet Gattinger Fragen zu Bio und Nachhaltigkeit, den Potentialen und Qualitäten von Bio sowie dessen Zukunft auf dem Lebensmittelmarkt.

Rundgang über den Bio-Apfelhof

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