Wie wird Bio kontrolliert?

Öko-Kontrollen

Auf dieser Seite erfahren Sie, wie und von wem Bio-Lebensmittel kontrolliert werden

Immer wieder herrscht Verunsicherung angesichts der vielen Lebensmittel, die als „natürlich“, „nachhaltig“, oder „aus kontrolliertem Anbau“ stammend beworben werden. Manche fragen sich, was diese Lebensmittel von Bio-Produkten unterscheidet. Die kurze Antwort hierauf: Hinter Bio stehen gesetzliche Vorgaben, zu deren Einhaltung sich Betriebe verpflichten und die entlang des kompletten Herstellungsprozesses von unabhängigen Stellen kontrolliert werden. Das ist bei „nachhaltig“, „natürlich“ oder „kontrolliertem Anbau“ nicht der Fall. Diese Begriffe können bisher ungeschützt auf Produkte gedruckt werden, ohne etwas über die Herstellungsbedingungen auszusagen. 

Doch wer kontrolliert Öko-Betriebe, was wird kontrolliert und was geschieht, wenn einmal Verstöße aufgedeckt werden? Wir haben Kontrolleurin Irmgard Bulle begleitet. 

Irmgard Bulle

Die Inspekteurin der Gesellschaft für Ressourcenschutz mbH, zeigt uns den typischen Ablauf einer Bio-Kontrolle bei Landwirt Jörge Penk.

Bio-Landwirt Jörge Penk und Öko-Kontrolleurin Irmgard Bulle erklären, wie eine Öko-Kontrolle auf einem Biohof abläuft.

 

Überblick über das Kontrollsystem in Deutschland:

Schematische Darstellung des Systems zur Kontrolle des Ökologischen Landbaus und der Bio-Lebensmittel bis zu deren Verkauf an Verbraucher*innen in Deutschland.

Bio-Lebensmittel gibt’s nur mit Öko-Zertifikat: Zertifizierung als Öko-Betrieb

Alle Unternehmen, die ihre Produkte als Bio-Lebensmittel vermarkten wollen, müssen ein Öko-Zertifikat vorlegen. Im Falle von Bio-Brot etwa, betrifft das nicht nur den Bauernhof, auf dem das Getreide angebaut wird, sondern alle weiteren Verarbeitungs-Betriebe, die dieses Lebensmittel durchläuft: z.B. Saatgutvermehrungsbetrieb, Mühle, Bäckerei, Einkaufsstätte. Um ein Öko-Zertifikat zu bekommen, müssen sich all diese Betriebe bei einer zugelassenen Öko-Kontrollstelle anmelden. Anschließend erfolgt eine Erstkontrolle vor Ort. Ist diese bestanden, stellt die Öko-Kontrollstelle dem kontrollierten Betrieb ein entsprechendes Zertifikat aus. Es bescheinigt, dass das Unternehmen nach den Öko-Vorgaben arbeitet und seine Lebens- und Futtermittel als Bio kennzeichnen darf. Dieses Verfahren nennt man Öko-Zertifizierung. Während ein Verarbeitungsbetrieb, z.B. eine Mühle, sofort nach der Öko-Zertifizierung Bio-Getreide einkaufen und es als Bio-Mehl vermarkten kann, durchläuft ein Landwirtschaftsbetrieb eine sogenannte Umstellungszeit von zwei Jahren. Während dieser Zeit müssen die generierten Erzeugnisse als „Umstellungsware“ gekennzeichnet werden. Tierische Produkte wie z.B. Eier sind so nicht vermarktbar, sprich sie müssen konventionell verkauft werden. Pflanzliche Erzeugnisse wie Getreide können in der Regel im Biomarkt nur als Futtermittel verkauft werden.

Alle Bio-Betriebe – sowohl die landwirtschaftlichen als auch Verarbeitung und Handel – verpflichten sich, die gesetzlichen Vorgaben der EU-Bioverordnung Nr. 2018/848 einzuhalten. Auf internationaler Ebene gibt es mit der Internationalen Vereinigung der ökologischen Landbaubewegungen (IFOAM) eine Dachorganisation, die die unterschiedlichen nationalen Bestrebungen und Bewegungen verbindet und sich global die Verbreitung nachhaltiger ökologischer Landwirtschaftssysteme einsetzt.

Man erkennt innerhalb von Deutschland Bio-Lebensmittel am Europäischen oder deutschen Bio-Siegel:

Viele Betriebe treten zusätzlich einem der Bio-Anbauverbände – z.B. Bioland, Naturland oder Demeter – bei, deren Richtlinien über die EU-Gesetze hinausgehen und beim Kontrolltermin ebenso abgeprüft werden. Diese Betriebe bekommen neben dem EU-Bio-Zertifikat ein Zertifikat über die Einhaltung der Vorgaben des jeweiligen Verbandes. Lebensmittel, die diese weitreichenderen Vorgaben erfüllen, erkennt man an den Logos der Verbände.

Die bekanntesten Anbauverbände in Deutschland sind: 

demeter

Logo des Anbauverbands Demeter

bioland

Logo des Anbauverbands Bioland

naturland

Logo des Anbauverbands Naturland

Die Einhaltung der Öko-Vorgaben wird regelmäßig – in der Regel jährlich – kontrolliert, um sicherzustellen, dass Bio-Lebensmittel auch tatsächlich Bio sind. Diese Kontrollen finden in allen Betrieben statt, die ein Bio-Lebensmittel durchläuft.

Bio und Öko sind geschützte Begriffe

Wo bio draufsteht ist auch bio drin

„(Kontrolliert) biologisch“, „(kontrolliert) ökologisch“, „bio“ und „öko“ aus „biologischem“ oder aus „ökologischem Landbau“ – all diese Bezeichnungen meinen das gleiche und sind in der EU gesetzlich geschützt. Das bedeutet, dass jedes Lebensmittel, das mit einem dieser Begriffe gekennzeichnet ist, auch nach ökologischen Kriterien hergestellt worden sein muss. Diese Kriterien sind EU-weit gemäß der EU-Bioverordnung Nr. 2018/848 geregelt.

Jörge Penk erklärt: „Ich mache bio weil…“

„…das für mich die Wirtschaftsweise ist, die am besten zu mir passt.“

Wer kontrolliert Bio-Betriebe in Deutschland und im Ausland?

 Alle Betriebe, die an der Herstellung von Bio-Lebensmittel beteiligt sind, werden regelmäßig von unabhängigen Stellen kontrolliert. Wer Bioprodukte erzeugt oder verkauft, muss sich bei einer zugelassenen Öko-Kontrollstelle anmelden. Die Kontrollstellen in Deutschland sind private Unternehmen, die von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) zugelassen und von den Kontrollbehörden der Bundesländer überwacht werden.

Kontrolliert werden die Höfe und Unternehmen mindestens einmal im Jahr. In der Regel finden die Kontrollen nach kurzer Voranmeldung statt. Ergänzend gibt es unangemeldete Stichprobenkontrollen. Die Kosten der Kontrolle und Zertifizierung tragen die Betriebe.

Mindestens 20 Prozent der Kontrollbesuche sind in Deutschland unangekündigt durchzuführen (§ 6 Absatz 3 Nr. 4 ÖLGKontrollStZulV), für das Jahr 2021 wurde diese Quote auf fünf Prozent herabgesetzt (Durchführungsverordnungen (EU) 2020/977 und 2021/1325).

In Verdachtsfällen finden zudem weitere Kontrollen und kostenpflichtige Nachkontrollen nach Abmahnungen statt. Diese Nachkontrollen werden überwiegend kurzfristig und unangekündigt durchgeführt.

Lebensmittel, die außerhalb der EU erzeugt wurden, dürfen nur dann als Biowaren vermarktet werden, wenn sie nach Standards produziert und kontrolliert wurden, die denen der EU gleichwertig sind. Entsprechend dürfen diese Bio-Lebensmittel auch dann das EU-Siegel tragen, wenn sie z.B. aus Neuseeland, Tunesien oder Costa Rica stammen. Möglich wird dies durch entsprechende Abkommen zwischen der EU und diesen Ländern. Auch bei diesen Betrieben außerhalb der EU werden regelmäßige Kontrollen nach denselben Kriterien durchgeführt, um die Einhaltung der Vorschriften zu gewährleisten. Die Kontrollen werden von privaten Öko-Kontrollstellen durchgeführt, die von der EU zugelassen sind.

Wie laufen Öko-Kontrollen ab?

Die EU-Öko-Verordnung Nr. 2018/848 legt fest, was in welchen Betriebsarten kontrolliert wird – je nachdem, ob es sich um einen Bauernhof oder verarbeitenden Betrieb handelt, ein Lager, ein Handels- oder Importunternehmen, müssen unterschiedliche Aspekte kontrolliert werden. Alle Rohstoffe, die ein Betrieb verwendet, müssen genau erfasst und protokolliert werden. Für alle Produkte, die ein Bio-Betrieb ein- und verkauft, muss er das Öko-Zertifikat vorweisen können. Verkäufe müssen genau in der Buchhaltung dokumentiert werden: worum handelt es sich? Welche Menge? An wen wurde verkauft? Auf diese Weise kann vom Supermarktregal bis zum Bauernhof nachverfolgt werden, dass es sich sicher um Öko-Produkte handelt.

Die Kontrolleur*in vereinbart mit der*dem Betriebsleiter*in einen Inspektionstermin. Die*der Betriebsleiter*in muss zu diesem Kontrolltermin alle erforderlichen Unterlagen (also z.B. die Buchhaltung oder die Belege über die eingekauften und verwendeten Zutaten) vorlegen.

Besteht der Verdacht, dass ein Betrieb bspw. verbotene Spritzmittel eingesetzt hat, werden Proben der Pflanzen sowie der daraus hergestellten Lebensmittel im Labor analysiert, um eventuelle Verstöße beweisen zu können. Abgesehen von so einem Verdachtsfall überprüfen die Kontrolleur*innen nicht die Lebensmittel selbst (Kontrolle der sog. Produktqualität), sondern die Art und Weise der Herstellung und eventuelle Verstöße vor Ort (Kontrolle der sog. Prozessqualität).

Der Betrieb erhält anschließend einen Bericht von dem*der Kontrolleur*in. Gegebenenfalls erhält er neben den Ergebnissen und dem Zertifikat weitere Auflagen, die er umsetzen muss. Zusätzlich zu der jährlich angemeldeten Hauptkontrolle erfolgen bei etwa zehn Prozent der Betriebe Stichprobenkontrollen.

Öko-Kontrollen finden zusätzlich zu den in der Landwirtschaft ohnehin durchgeführten Kontrollen statt, die die allgemeine Tiergesundheit, Infektionskrankheiten, die von Tieren auf Menschen übertragen werden können, die Überwachung des Emissionsschutzes (v.a. Gewässer, aber auch Luft und Boden) sowie die Analysen von Lebensmitteln auf Rückstände von bspw. Düngemitteln umfassen. Diese grundsätzlichen Kontrollen fallen unabhängig von Bio an. Bio ist eine zusätzliche Qualitätskontrolle.

Irmgard Bulle erklärt: „Ich mache bio weil…“

„…das einfach meinen inneren Überzeugungen entspricht.“

Was passiert, wenn den Kontrolleur*innen etwas auffällt? Welche Sanktionen gibt es?

Wenn bei einer Kontrolle Verstöße gegen die EU-Vorgaben aufgedeckt werden, hat das Folgen für die Betriebe. Diese reichen von Auflagen, die sie erfüllen müssen, und kostenpflichtigen Nachkontrollen bei geringfügigen Verstößen bis zur Aberkennung des Status als Biobetrieb in schwerwiegenden Fällen.

Geringfügige Fälle sind Abweichungen, die nicht mittelschwer oder schwer sind. Dies bedeutet, dass der Schaden sehr gering war (z.B. wenige Erzeugnisse betroffen) und die Abweichung ohne Einfluss auf ihre ökologische Qualität war. Wichtig ist auch, dass eine Überprüfung gemäß der EU-Öko-Verordnung erfolgen konnte. Die Beanstandungen werden also schnell aufgearbeitet und haben keinerlei Einfluss auf die ökologische Qualität der Erzeugnisse.

Mittelschwere Fälle sind beispielsweise:

  • Verletzungen der Aufzeichnungs- bzw. Buchführungspflichten, die die Kontrolle erschweren oder verhindern (z.B. unzureichende Dokumentation von Rohwaren, fehlende oder falsche Darlegung der Inhaltsstoffe von Verarbeitungsprodukten)
  • Eine nicht genehmigte Verwendung von konventionellen, unbehandelten Samen und Setzlingen (von Sorten, die derzeit nicht aus ökologischer Erzeugung verfügbar waren)
  • Eine unsachgemäße Trennung der Chargen oder der unsachgemäße Transport ökologischer Erzeugnisse, was zur Verwechslung und damit zur Vermischung von ökologischen Produkten mit nicht ökologischen Zutaten/Substanzen oder zu Verunreinigungen mit unerwünschten Stoffen führen kann

Für diese Fälle sind folgende Maßnahmen bzw. Sanktionen vorgesehen:

  • Verstärkte Aufzeichnungs- und Meldepflichten
  • Kostenpflichtige Nachkontrollen
  • Probenahmen und Analysen im Verdachtsfall
  • Abmahnungen (ggf. mit Auflagen)

Schwerwiegende Fälle sind beispielsweise: 

  • Die Verweigerung der Kontrolle
  • Die nicht genehmigte Verwendung von konventionellen Samen oder Setzlingen (von Sorten, die derzeit aus ökologischer Erzeugung verfügbar waren)
  • Die Verwendung unzulässiger Dünge- und Pflanzenschutzmittel oder unzulässiger Zusatzstoffe oder die ionisierende Bestrahlung der Lebensmittel.

Für diese Fälle sind folgende Maßnahmen bzw. Sanktionen vorgesehen:

  • Kostenpflichtige Nachkontrollen
  • Abmahnungen (ggf. mit Auflagen)
  • Probenahme und Analyse von beanstandeten Erzeugnissen 
  • Änderung oder Aussetzen des Bio-Zertifikat
  • Befristeter Ausschluss von Partien/Chargen von der Vermarktung als Öko-Lebensmittel 
  • Verbot der Vermarktung der gesamten betroffenen Partie oder Erzeugung 
  • Befristetes Verbot der Öko-Vermarktung für das gesamte Unternehmen 

Wie finde ich heraus, von welcher Kontrollstelle ein Lebensmittel überprüft wurde?

Liste aller in Deutschland zugelassenen Öko-Kontrollstellen sowie eine Liste der Länderbehörden.

Im Zweifelsfall können die Kontrollbehörden der Bundesländer Nachforschungen über das Produkt bei der entsprechende Öko-Kontrollstelle anstellen, und zwar mithilfe der Codenummern. Die Codenummer auf Bio-Produkten gibt auch Konsument*innen Aufschluss über die zuständige Öko-Kontrollstelle. Diese sind immer gleich aufgebaut, das sieht zum Beispiel so aus: DE-ÖKO-000. An Anfang steht das Kürzel des Mitgliedsstaates – „DE“ steht für Deutschland. Daran schließt sich das Wort „Bio“ oder „Öko“ (in der jeweiligen Sprache) an. Die Ziffern am Ende stehen für die Referenznummer der Kontrollstelle.

Das sagen Wissenschaftler*innen

Jochen Neuendorff

Dr. Jochen Neuendorff

Jochen Neuendorff ist Geschäftsführer der Gesellschaft für Ressourcenschutz mbH in Göttingen, die Bio-Kontrollen durchführt.

In diesem Expert*innen-Interview beantwortet Neuendorff Fragen zu Bio-Kontrollen, den Potentialen und Qualitäten von Bio, der Zukunft von Bio auf dem Lebensmittelmarkt sowie den Gründen der Preisunterschiede zu konventionellen Lebensmitteln.

Rundgang über den Bio-Hof

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